Zur weltpolitischen Situation

Man kann den Eindruck haben: Die Welt ist aus den Fugen geraten. Von den z.Zt. ca. 6.7 Mrd Menschen auf diesem Planeten Erde lebt insges. 1 Prozent in Reichtum, Luxus, Glanz und Glamour, Überfluss. Dieses eine Prozent besitzt vierzig Prozent des gesamten Reichtums der Erde. Insgesamt weiteren neun Prozent geht's auch noch ziemlich gut. Die hier genannten 9 + 1 Prozent, also in Summe = 10 Prozent, besitzen insges. 85 Prozent des Weltreichtums. In die verbleibenden 15 Prozent des Weltreichtums teilen sich dann die "restlichen" 90 Prozent aller Menschen. Und auch da gibt's wieder gravierende Unterschiede.

Die Hälfte der Weltbevölkerung (rund 3.3 Mrd) muss mit knapp 2 US$ pro Tag auskommen. Das reicht nur für ein Leben in menschenunwürdiger Armut. 100.000 Menschen sterben täglich an Hunger bzw. an den Folgen des Hungers. Milliarden Menschen leben am Rande des Existenzminimums. Die meisten überstehen diesen harten Existenzkampf nicht lange, sie sterben früh, arm, krank, elend. Und sie hinterlassen meist Nachkommen, denen kein anderer Weg offen ist als auch wieder dieser verhängnisvolle. So wächst auf der eine Seite der Reichtum und Überfluss immer mehr an - und auf der andern Seite vergrößern sich Armut, Hunger, Krankheiten, Leid. Und das alles spielt sich auf einundderselben Erde ab und betrifft einunddieselbe Art: den homo sapiens sapiens, den "vernünftigen Menschen". Aber ist das wirklich "vernünftig"? Nein - ist es nicht.

Die Weltbevölkerung wächst. Die erste Milliarde wurde im Jahre 1804 erreicht. Heute - etwa 200 Jahre später - sind es bereits 6.7 Mrd Menschen. Und die Zahl wächst weiter an. Daran gibt's nichts auszusetzen. Das ist völlig in Ordnung. Aber wir müssen uns Gedanken machen um die effiziente Nutzung der vorhandenen Energie- und Rohstoffvorräte. Die Vorräte an Erdöl und Erdgas werden bis spätestens Ende des Jahrhunderts erschöpft sein, bei den Kohlevorräten gibt's z.Zt. noch keine einheitlichen verlässlichen Schätzungen, aber Fakt ist auch da: die Vorräte sind begrenzt. Die immer weiter gesteigerte weltweite Ausbeutung der Lagerstätten von Eisen, Aluminium, Kupfer, Zink und anderen wichtigen Rohstoffen erreicht von Jahrzehnt zu Jahrzehnt immer neue Rekordmarken. Wielange das noch so weitergehen kann, ist eine Frage der Zeit. Irgendwann im nächsten Jahrhundert sind alle Vorräte erschöpft. Was dann? Wir können nicht so tun, als ob die Energie- und Rohstoffvorräte ewig reichen. Sie sind endlich - und wir müssen an morgen und übermorgen denken. Aber nicht in der Weise, dass die Industrieländer im vollen Umfang weiter versorgt werden und die Entwicklungsländer ausgebremst werden, sondern genau umgekehrt. Die Industrieländer müssen sich auf neue Technologien umstellen und damit weltweit Beispiele für die effiziente Nutzung derselben schaffen, damit dann auch die Entwicklungsländer nachziehen können.

Nach dem 2. Weltkrieg hatte alles so hoffnungsvoll angefangen. Es schien zunächst so, als ob die Menschheit gelernt hätte. Am 26.6.1945 wurde die Organisation der Vereinten Nationen (UNO) gegründet. Die Menschheit sehnte sich nach Frieden. "Nie wieder Krieg!" - das war die Hoffnung der Menschen in der "Stunde Null". Die Verursacher der Vernichtungsfeldzüge und Vernichtungslager, des Völkermords, der Kulturbarbarei (Bücherverbrennung), der Massenhysterie und Gleichschaltung, der Volksverhetzung zum Chauvinismus, Herrenmenschenwahn, pseudo-religiösen Aberglauben und pseudo-wissenschaftlichen Lügen wurden vor ein internationales Tribunal (Nürnberger Prozess) gestellt und abgeurteilt. "Sozialismus aus christlicher Verantwortung" (ein CDU-Slogan der frühen Jahre) stand auf der Tagesordnung. Die Demokratisierung der gesellschaftlichen und staatlichen Strukturen war angesagt. Und das alles keineswegs nur in Deutschland und Europa. Es entstanden Befreiungsbewegungen, die gegen die kolonialen Strukturen gerichtet waren. Diese führten zur Unabhängigkeit von Indonesien (17.8.1945 / 27.12.1949), Indien und Pakistan (14./15.8.1947), Israel (14.5.1948), China (1.10.1949), der Länder Indochinas (1954) und dann auch nach und nach der Länder Afrikas. In den 50-ern und 60-ern folgten, zumeist ausgehend von Amerika, die Bürgerrechtsbewegung, der Anti-Rassismus, die Anti-Kriegs-Bewegung (Vietnamkrieg), emanzipatorische Bewegungen (Frauen, Geburtenregelung, selbstbestimmte Sexualität), Alternativbewegungen (Hippie-, FlowerPower-, Studentenbewegung, 68-er), schließlich die ökologische Bewegung. Diese progressiven Bewegungen haben viel gesellschaftlichen Wandel erreicht, sie haben ihre Ziele aber nicht immer durchsetzen können, sondern mussten häufig Rückschläge, Niederlagen oder gar partielle Totalvernichtung hinnehmen. So geschehen in Chile am 11.9.1973. Die sozialistische Regierung wurde mit Unterstützung der USA gestürzt. So geschehen auch in Nicaragua und andern Ländern Lateinamerikas. Und auch Kuba sollte auf diese Weise "erledigt" werden (was aber nicht gelang). Für Venezuela und Bolivien gibt's bereits entsprechende Pläne in den Schubladen der CIA und des Pentagon.

Die Friedensbewegung erreichte in Deutschland auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges im Jahre 1983 (Nachrüstung) ihren Höhepunkt. Friedensdemonstrationen bisher nie dagewesenen Ausmaßes fanden statt. Und dann erscheint schließlich sogar im März 1985 auch im Ostblock ein Stern der Hoffnung: Gorbatschow. Anstatt nun aktiv auf eine Kooperation, vielleicht sogar eine Konvergenz der Systeme hinzuarbeiten, wurde die alte Strategie weitergefahren: Weiterkämpfen - bis der "Feind" vernichtet ist. Die Rechnung ging zum Teil auf. Der Nutznießer war vor allem Deutschland. Die östlichen Satellitenstaaten wurden in die NATO und die EU integriert, aber Russland ist und bleibt "der Feind", egal ob mit oder ohne Sozialismus. Es ist ganz offensichtlich: Die maßgeblichen und bestimmenden politischen Kräfte des Westens wollen Russland weder in der NATO noch in der EU haben, sondern dauerhaft aus ihrem "Club" der Wohlhabenden ausgrenzen, militärisch unschädlich machen, d.h. einkreisen und damit als Bedrohungspotential ausschalten. Die NATO-Posten stehen heute an der russischen Grenze und werden immer perfekter ausgebaut. So angenehm die Überwindung der deutschen und europäischen Teilung für die Menschen in den nun zur EU und NATO gehörenden ehemaligen Ostblockstaaten auch sein mag, der "große Wurf" war das nicht. Gesellschaftliche Alternativen, an denen hätte weitergearbeitet werden sollen, wurden beiseite geschoben, ja zu Grabe getragen. Die Grundwidersprüche des Kapitalismus wurden nicht gelöst, sondern nur zugekleistert. Der Club der Wohlhabenden ist in Europa ein bisschen gewachsen, die Rechnung dafür wird woanders bezahlt.

Die Chance, die die Weltgemeinschaft mit dem Erscheinen von Gorbatschow (1985 - 1991) auf der Weltbühne hatte, wurde nicht erkannt - und leichtfertig verspielt. Die Welt insgesamt könnte heute anders aussehen, wenn sie die Chance von damals genutzt hätte. 1992, als Gorbatschow bereits entmachtet und die Sowjetunion als Staat vernichtet war, wurde mit der Agenda 21 ein Versuch unternommen, den drohenden Kollaps der Zivilisation durch eben dieses "Jahrhundertprogramm" abzuwenden. Aber der Versuch hat bis jetzt nicht gefruchtet. Jedenfalls nicht so, dass die Abwendung des Kollaps' wirklich glaubhaft eingeleitet würde. Bis jetzt nicht. Trotzdem darf und soll man natürlich weiter hoffen und weiter daran arbeiten. Aber eine wirkliche Wende ist - jedenfall z.Zt. - nicht erkennbar. Das ist die gegenwärtige weltpolitische Situation. Irgendjemand hat einmal gesagt: Wir fahren die Erde mitsamt der ganzen Menschheit mit wehenden Fahnen in die Hölle. - Wer kann diese Todesfahrt aufhalten? Das ist wahrscheinlich der Punkt, an dem der Glaube zu seinem Recht kommt. Gegen alle Prognosen und offensichtlich zu erwartenden Weltuntergangsszenarien scheint es in der menschlichen Seele noch so etwas wie Hoffnung wider alle Hoffnungslosigkeit zu geben - wie auch immer man die dann im einzelnen Fall philosophisch, soziologisch, psychologisch, theologisch oder ideologisch begründen mag. Und an dieser Hoffnung will auch GDLH festhalten.



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